mündliche Abiturprüfungen im Grundkurs
Gemeinschaftskunde/Erdkunde (2002)

Die nachfolgenden Beispiele für mündliche Abiturprüfungen lehnen sich eng an den durchgeführten Unterricht an. Jede Prüfung besteht aus zwei Themenbereichen, zu denen jeweils drei Fragen mit unterschiedlichem Abstraktionsniveau gestellt werden. Eine Frage orientiert sich am Unterrichtsstoff, eine Frage orientiert sich am bereitgestellten Material. Die dritte Frage dient zur Diskussion der behandelten Problemstellung.


regionale Folgen der globalen Klimaerwärmung am Beispiel Nildelta
Material: 
Karte: Diercke Weltatlas S.132/2 
Karte: Meeresspiegelanstieg Nildelta 

Sedimentanalysen im nördlichen Nildelta belegen den Anstieg des Meeresspiegels um derzeit durchschnittlich 5 mm pro Jahr. Unklar ist, welchen Einfluss die Klimaerwärmung auf den Anstieg des Mee-resspiegels hat. Es ist jedoch zu vermu-ten, dass sich die Wachstumsrate leicht erhöhen wird.
Quelle:  Stanley, D.J. u. G.A. Goodfriend (1997): Recent subsidence of the northern Suez canal. In: Na-ture, Vol. 388, 24. July 1997, S. 335/336.


Überflutungen bei einem Anstieg des Meeresspiegels um 1,5m
Quelle: BBC World Service, Friday, November 21, 1997
http://news6.thdo.bbc.co.uk/hi/english/special_report/1997/
sci/tech/global_warming/newsid_33000/33613.stm, 2.2.02

1. Benennen Sie mögliche Folgen eines Meeresspiegelanstiegs auf die Küstenregion Ägyptens (Material: Karten).

2. Warum ist es so schwer verlässliche Aussagen über den globalen Klimawandel zu treffen?

3. Diskutieren Sie die Position der Entwicklungsländer in der globalen Klimadiskussion. Gehen Sie dabei auf den Begriff „Öko-Kolonialismus“ ein.

Erwartungshorizont:
Frage 1: Benennen Sie möglichen Folgen eines Meeresspiegelanstiegs auf die Küstenregion Ägyptens.

  • Verlust von Kulturland: im wüstenreichen Ägypten besonders schwerwiegendes Problem, da nur im eng begrenzten Niltal landwirtschaftliche Nutzfläche zur Verfügung steht -> kostspielige, ökologisch fragwürdige Neuerschließung von Wüstengebieten
  • Verlust von Siedlungsflächen im dicht besiedelten Nildelta, ganze Städte würden versinken (z.B. Alexandria mit mehr als 1 Mio. EW) -> kostspielige Umsiedlungen (Problem: Wohin???), Verlust von wertvollen Kulturgütern

  • Frage 2: Warum ist es so schwer verlässliche Aussagen über den globalen Klimawandel zu treffen?

  • bisher kein eindeutiger Beweis, dass Erwärmung Folge menschlicher Aktivität ist (natürlicher Ein-fluss z. B. der Sonne zu wenig bekannt)
  • Atmosphäre ist komplexes System, von unterschiedlichen, voneinander abhängigen Prozessen;
  • es lassen sich auch der Erwärmung entgegengesetzte Prozesse beobachten:
  • Kühlhauseffekt: Staubanreicherung in der Atmosphäre verhindert Sonneneinstrahlung
  • Gaia-Theorie: Erdökosystem stellt sich auf Klimawandel ein, neues Gleichgewicht entsteht; Beispiel: CO2-Konzentration bewirkt Düngeeffekt, der Biomassebildung anregt. Dadurch CO2-Minderung

  • Frage 3: Diskutieren Sie die Position der Entwicklungsländer in der globalen Klimadiskussion. Gehen Sie dabei auf den Begriff „Öko-Kolonialismus“ ein.
    Position der Entwicklungsländer

  • Reiche Länder haben Jahrhunderte lang auf Kosten der armen Länder und der Natur gewirtschaftet.
  • EL wollen wenigstens die Güter der Natur genauso nutzen wie IL. Dies hätte fatale Folgen auf CO2-Ausstoss (z.B.: wenn in China gleiche Autodichte wie in Westeuropa angestrebt werden würde)
  • IL sollen mit Schonung der Natur anfangen (Verursacherprinzip)
  • Befürchtung, dass durch globale Regelungen der zurückgebliebene Entwicklungsstand manifestiert wird und deshalb IL immer reicher werden (= Öko-Kolonialismus).

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    Verstädterung in Afrika am Beispiel Kairo
    Material:
    Karte: Diercke Weltatlas S.132/2
    M1: Text/Foto: Marginalsiedlungen in Kairo

    1. Beschreiben Sie die Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung im Großraum Kairo anhand der Karte im Diercke Weltatlas (S. 132/2).

    2. Benennen Sie Ursachen des rasanten Städtewachstums in den Entwicklungsländern.

    3. Die Marginalsiedlungen in Kairo werden als „Brutstätten des Terrorismus“ bezeichnet. Erklären Sie und diskutieren Sie vor diesem Hintergrund Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung.

    Material:

    M1: Marginalsiedlungen in Kairo

    Nach einer Studie der zuständigen Raumplanungsbehörde lebten zu Beginn der 90er Jahre fast 6 Mio. Menschen in sog. Marginalsiedlungen im Großraum Kairo. Das entspricht 45% der Gesamtbevölkerung. Die meisten dieser Siedlungen sind illegal auf ehemaligem Bewässerungsland errichtet worden und dringen immer weiter vor. Die Überbauung von Bewässerungsland ist verboten, ein Gesetz, das wie andere Bauvorschriften angesichts mangelhafter staatlicher Überwachung ignoriert wird.
    Charakteristisch für die Marginalsiedlungen ist das Höhenwachstum auf meist bis zu acht Stockwerke und das Fehlen jeglicher Freiflächen, da die Grundstücke in der Regel zu 100% überbaut sind. Hier zwingen hohe Bodenpreise zu einer Entwicklung, die in relativ kurzer Zeit zu extremen Bevölkerungskonzentrationen führen, wie sie vermutlich in randstädtischen Wohnvierteln keiner anderen Megastadt in der Dritten Welt zu finden sind.
    Vor allem im Hochsommer, wenn sich die Baumassen aufheizen und die Gassen kaum eine Frischluftzufuhr erlauben, sind die Lebensbedingungen für die Bewohner dieser Siedlungen unerträglich. Das Hauptproblem ist die Abwasserbeseitigung. Sofern überhaupt vorhanden, ist die Kanalisation völlig unzureichend und häufig verstopft, so dass das stinkende Abwasser immer wieder die unbefestigten Straßen überflutet und in die Häuser eindringt. Dadurch ist auch in diesen Siedlungen der Grundwasserspiegel so stark angestiegen, dass das Erdgeschoss in vielen Häusern nicht mehr bewohnt werden kann.
    Die miserablen Wohnverhältnisse haben die Marginalsiedlungen zu sozialen Brennpunkten ersten Ranges gemacht. Verstärkt wird dies durch eine hohe und ständig wachsende Arbeitslosigkeit, unzureichende schulische Ausbildungsmöglichkeiten, steigende Analphabetenraten sowie das sinkende Realeinkommen der Bevölkerung. Wo die staatlichen Institutionen sich ihrer Verantwortung entzogen haben, sind radikale fundamentalistische Gruppen in die Bresche gesprungen: Sie unterstützen Arme und Hilfsbedürftige mit Geld- und Sachspenden, behandeln Kranke kostenlos in privaten Kliniken, erteilen Religions- sowie Lese- und Schreibunterricht, vermitteln Arbeitsplätze und regeln Rechtsstreitigkeiten. Nach dem schweren Erdbeben zählten diese Gruppen zu den ersten, die sich um die Opfer kümmerten, sie mit Decken und Nahrungsmitteln versorgten und nach drei Tagen eine Großdemonstration gegen die unzureichenden staatlichen Hilfsmaßnahmen organisierten.
    Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass gerade in den Marginalsiedlungen immer mehr Menschen den militanten Fundamentalisten Glauben schenken, die mit ihrer Parole „Nur der Islam ist die Lösung“ zum Sturz der Regierung aufrufen.
    Quelle: Meyer, G. (1996): Kairo. Wohnungskrise trotz Wohnungsüberfluss. In: Geographische Rundschau, 48, H.2, S. 97-103

    Erwartungshorizont:
    1. Beschreiben Sie die Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung im Großraum Kairo.

  • rasanter Bevölkerungsanstieg in Kairo Stadt (1947: 1-2,5 Mio., 1990: über 6 Mio.)
  • rasanter Anstieg der Städte im Großraum Kairo

  •     Gise: 1947: 50.000 – 100.000, 1990: 1-2,5 Mio.;
        Shubra al-Kheima: 1947: 10.000 – 50.000, 1990: 500.000 – 1.000.000;
        hier weiteres Wachstum bis 2000 zu erwarten.
  • Bau von Entlastungsstädten
  • Überbauung von Kulturland

  • 2. Benennen Sie Ursachen des rasanten Städtewachstums in den Entwicklungsländern.

  • hohes natürliches Wachstum durch überwiegend junge Bevölkerung in den Städten (demographic primacy)
  • Migration aus den ländlichen Regionen:
  •   push-Faktoren:·  hoher Bevölkerungsdruck auf dem Land, mangelnde Infrastruktur, unzureichendes Arbeitsplatzangebot, schlechte Bildungschancen, mangelnde medizinische Versorgung, Umweltprobleme/Naturkatastrophen, soziale Zwänge
      pull-Faktoren: verbesserte Lebensbedingungen, medizinische und soziale Versorgung, besserer Verdienst, Beschäftigungsmöglichkeiten, Bildungs- und Aufstiegschancen, Zukunftsperspektiven, Freiheit von sozialen Zwängen
      mental-maps: Die Migrationsentscheidung basiert auf Vorstellungen und Hoffnungen von einem besseren Leben in der Stadt, oftmals stimmen diese Vorstellungsbilder vom städtischen Leben nicht mit der Realität überein.

    3. Die Marginalsiedlungen in Kairo werden als „Brutstätten des Terrorismus“ bezeichnet. Erklären Sie und diskutieren Sie vor diesem Hintergrund Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung.

  • unerfüllte Hoffnungen und Erwartungen erhöhen Frustration
  • fundamentalistische Organisationen sichern soziale Grundversorgung (medizinische Versorgung, Almosen für die Armen, Bildung, Katastrophenhilfe) in den Elendsquartieren und geben Halt.
  • Maßnahmen sollten vor Ort ansetzen: Verbesserung der sozialen Situation in den Marginalsiedlungen
  • der Staat darf sich nicht aus seiner sozialen Verantwortung stehlen (staatliche Grundsicherung in den Bereichen medizinischer und humanitärer Hilfe notwendig)
  • Aufstellen von Bauvorschriften und deren Einhaltung kontrollieren
  • Bildung sollte nicht fundamentalistischen Religionsschulen überlassen bleiben
  • finanzielle Unterstützung des Staates durch Weltbank, zur Verbesserung der Situation in den Marginalsiedlungen

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    Entwicklungspolitik: Das Maikaal-Projekt - Biobaumwolle aus Indien

    Material: Text mit Karte und Diagramm

    1. Beschreiben Sie die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Maikaal-Projektes.

    2. Welche Phase der Entwicklungspolitik repräsentiert dieses Projekt. Erklären Sie!

    3. Eignet sich das Maikaal-Projekt als Entwicklungsmodell für andere ländliche Regionen in den Entwicklungsländern? Diskutieren Sie Chancen und Grenzen einer solchen Entwicklung.

    Material:

    Entwicklungspolitik: Das Maikaal-Projekt - Biobaumwolle aus Indien
    Am Narmada-Fluss in Zentralindien wurde im Jahr 1992 das Maikaal-Projekt ins Leben gerufen. Mit internationaler Unterstützung stellten Bauern der Region ihren Baumwollanbau auf Biolandbau um. Im Anbaujahr 2000/2001 umfasste das Projekt 1123 Betriebe.
    Der Anbau erfolgt in kleinbäuerlichen Betrieben von durchschnittlich 2 ha Land. Die Maikaal-Bauern bestellen ihre Felder in der Regel per Hand. Schwerere Arbeiten werden mit Ochsengespannen erledigt. Die Rinder liefern gleichzeitig den Dünger für die Felder und für die Betreibung einer Biogasanlage. Das Pflücken von Hand erhöht die Qualität der Baumwolle, da nur reife Kapseln geerntet werden. 
    Die Bauern sind in einer genossenschaftsähnlichen Vereinigung (Maikaal LTD) zusammen geschlossen. Ein Team von ausgebildeten Agrarberatern hilft ihnen bei der Umstellung auf den biologischen Anbau und sorgt für den Informationsaustausch. 
    Nach der Umstellung auf kontrolliert biologischen Anbau erhalten die Baumwoll-Bauern eine soziale Absicherung durch langfristige Abnahmeverträge und einen Mehrpreis von 15-25% (je nach Grad der Umstellung). Dieser ist notwendig, da die Erträge bei der Umstellung um etwa 15% sinken. Den Bauern bleibt am Ende mehr Geld, da die Produktionskosten geringer sind (vgl. Diagramm). 
    Die Vermarktung der Biobaumwolle erfolgt über einen Schweizer Garnimporteur. Dieser verpflichtet sich zur Einhaltung sozialer und ökologischer Standards bei der Weiterverarbeitung der Baumwolle: Verzicht auf Kinderarbeit, keine Chlorbleiche, Färbung mit schwermetallfreien Farben, ortsnahe Produktion etc. Hierzu wurden eine eigene Spinnerei und eine Näherei in der Anbauregion gegründet. Der Verkauf der Bio-Kollektion läuft zu 70% über die Schweizer Supermarktkette Coop. Aber auch in Deutschland kann man T-Shirts kaufen, die Baumwolle von Maikaal-Fibres enthalten (z.B. bei Waschbär- und Otto-Versand).
    Quelle: Barth, J. (2001): Jirati setzt auf Biobaumwolle. Das Maikaal-Projekt in Indien. In: Praxis Geographie 1/2000, S. 38-41

    Erwartungshorizont:
    1.  Beschreiben Sie die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Maikaal-Projektes.

  • ökologisch:

  •     Biobaumwolle, Anbau ohne Kunstdünger und Pestizide
        kleinbäuerlicher Anbau ohne Monokultur
        Biogasanlage zur Energiegewinnung
        Verzicht auf Chlorbleiche und schwermetallhaltige Farben
        ortsnahe Produktion
  • ökonomisch:

  •     verbesserte Qualität durch Handarbeit
        geringere Produktionskosten und Mehrpreis gleichen Ernteausfall aus
        langfristige Abnahmeverträge sichern Bauern finanziell ab
        gesicherte Abnahme der Baumwolle durch direkte Verbindung zu Absatzmärkten in Industrieländern
        Weiterverarbeitung der Baumwolle vor Ort (Stärkung der lokalen Wirtschaft/Industrie)
  • sozial:

  •     genossenschaftsähnliche Vereinigung, sorgt für Weiterbildung der Bauern
        Verzicht auf Kinderarbeit

    2. Welche Phase der Entwicklungspolitik repräsentiert dieses Projekt. Erklären Sie!

  • nachhaltige Entwicklung:

  •     Zusammenarbeit mit Menschen vor Ort
        Projekt soll auch ohne Entwicklungshilfe weiterlaufen
        ökologische und soziale Aspekte müssen in Einklang gebracht werden

    3. Eignet sich das Maikaal-Projekt als Entwicklungsmodell für andere ländliche Regio-nen in den Entwicklungsländern? Erläutern Sie Chancen und Grenzen einer solchen Entwicklung.
    Kritik:

  • Festschreibung der wirtschaftlichen Rückständigkeit durch einseitige Agrarförderung -> Fourastie-Modell
  • Projekt kann nur funktionieren, wenn Absatzmärkte in IL vorhanden sind; Biobaumwolle ist bisher noch ein Nischenprodukt

  • Chance:
  • moderne Technologien (Biogas) und Anbauverfahren (Biolandbau) ergänzen traditionelle Anbau-weise
  • Weiterverarbeitung in EL sichert Arbeitsplätze im industriellen Sektor

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    Kennzeichen einer Global City am Beispiel London

    Material:
    M1: Text/Foto: London – the global powerhouse
    M2: Diagramm: Anteil der Beschäftigten nach Wirtschaftsbranchen
    M3: Diagramm: Zunahme der Beschäftigten nach Wirtschaftsbranchen

    1. Beschreiben Sie die Kennzeichen einer Global City am Beispiel London.

    2. Erklären Sie den Prozess der „Gentrification“.

    3. „´Gentrification` führt zu einer sozialen und städtebaulichen Aufwertung der Städte.“ Diskutieren Sie diese These.

    Material:

    M1: London – the global powerhouse
    London steht heute vor dem Hintergrund einer zunehmenden vernetzten Weltwirtschaft in vielen Bereichen an erster Stelle. London gilt, zusammen mit New York und Tokio, als einer der weltweit bedeutendsten Finanzhandelsplätze. Die heraus-ragende Stellung Londons wird durch die große Zahl der ansässigen Auslandsbanken gestärkt. Die Anzahl lag 2000 bei 479 (vgl. Frankfurt: 242). Untermauert wird die Globalität der Stadt an der Themse auch durch die dortigen europäischen Hauptsitze von insgesamt 130 der weltgrößten Konzerne und UnternehmenLondons Charakter als Global City lässt sich vor Ort an vielen räumlichen Phänomenen ablesen: 

    London: Canary Wharf mit dem Tower, dem höchsten Bürogebäude Großbritanniens.Quelle: www.travelbritain.com/ 02.03.02
  • Die konzentrierte Präsenz der hochrangigen Finanz- und Dienstleistungen in der City of London be-wirkt ein entsprechend hohes Lohnniveau. 1999 betrug das durchschnittliche Jahreseinkommen in Großbritanniens Hauptstadt etwas über £28.800 (ca. 46.000 €). Dieses Niveau liegt damit mehr als 40% über dem Gesamtlandesdurchschnitt.
  • Die Bedeutung der Metropole manifestiert sich ferner durch den 20-prozentigen Anteil Londons am gesamtbritischen Bruttoinlandsprodukt, dem in Relation dazu ein nationaler Bevölkerungsanteil der Hauptstadt von „nur“ 12% gegenüber steht.
  • Durch die anhaltende Nachfrage nach Büroräumen vornehmlich in der City of London bewegen sich die Miet- bzw. Grundstückspreise hierfür auf sehr hohem Niveau. Mit der Anlage des Canary Wharf Areals in den ehemaligen Docklands ist in Bezug auf den hohen Bedarf an infrastrukturell erstklassig ausgestatteten Büroflächen eine Entlastung der City gelungen. Die Docklands, früher Teil der groß-flächigen Hafenanlagen, verloren ihre Funktion mit der sinkenden Bedeutung des Hafens. Dieses strukturschwache innerstädtische Brachland wurde mit enormen Investitionen in ein zukunftsträchti-ges Finanzzentrum umgewandelt (vgl. Foto).
  • Die globale Bedeutung Londons wird des Weiteren durch das Volumen des Flugverkehrs demonstriert. 1998 bewältigten die beiden großen Airports - Heathrow und Gatwick - zusammen ein Passa-gieraufkommen von ca. 92 Mio. (vgl. Frankfurt: 42 Mio. Passagiere).

  • M2: Anteil der Beschäftigten 1997 nach versch. Wirtschaftssparten (Diagramm)
    M3: Zunahme der Beschäftigen in London 1993-1998 nach Wirtschaftsbranchen (Diagramm)
    Quelle: Aunkofer, M. (2001): London – the global powerhouse. In: Praxis Geographie 5/2001, S. 31-34 (M3 u. M4).

    Erwartungshorizont:
    1. Beschreiben Sie die Kennzeichen einer Global City am Beispiel London.

  • Sitz von Hauptquartieren transnationaler Unternehmen,
  • bedeutendes Finanzzentrum
  • starkes Wachstum und große Bedeutung des Dienstleistungssektors
  • nationales Zentrum (Regierung, Königshaus)
  • bedeutender Knotenpunkt von Transport- und Verkehrslinien, international bedeutende Flughäfen
  • nationale Primacy-Funktion (20-prozentigen Anteil Londons am gesamtbritischen BIP)
  • extrem hohes Lohnniveau à vormutlich Polarisierung des Arbeitsmarkts in hochbezahlte Top-Manager und eine großen Masse an niedrig Entlohnten in einfachen Dienstleistungen

  • keine Angaben im Text zu:
  • Hauptzielorte von Immigranten,
  • Zunahme von sozialen Spannungen,
  • Soziale Kosten für Gesundheit, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit übersteigen häufig bei weitem die lokale Steuerbasis.

  • 2. Erklärung Sie den Prozess der „Gentrification“.

  • bauliche sowie sozialräumliche Aufwertung von Stadtvierteln im Zuge des Zuzuges von einkom-mensstarker Bevölkerungsgruppen (gentry = „feine Leute“)
  • 1. Phase: Pioniere (meist Künstler, Studierende etc.) beziehen verfallene Stadtviertel (Altbau- oder alte Industriequartiere). In Eigenarbeit werden Altbauten oder leergefallene lofts (Industrieetagen) renoviert und es beginnt sich, eine entsprechende Restaurants- und Kneipenszene zu etablieren.
  • 2. Phase: Die Viertel werden für Grundstückshändler und –spekulanten interessant, die beginnen, Grundstücke, Häuser und Wohnungen aufzukaufen und für einen gehobenen Standard zu sanieren.
  • 3. Phase: Die Viertel werden für die einkommensstärkere "städtische Elite" interessant. Dabei verdrängen sie die Pioniere und alteingesessene Bevölkerungsgruppen, die die gestiegenen Preise nicht mehr zahlen können – eine Segregtation setzt ein.

  • 3. „´Gentrification` führt zu einer sozialen und städtebaulichen Aufwertung der Städte.“ Diskutieren Sie diese These.

  • Gentrification bewirkt die Konzentration städtischer Eliten in innerstädtischen Wohnquartieren, Stärkung der lokalen Steuerbasis
  • Gentrification führt nur in einigen Teilen der Stadt zur städtebaulichen Aufwertung.
  • Gentrification verstärkt Segregation durch Vertreibung der sozial schwächeren Bevölkerungsschich-ten.
  • Neben gentrifizierten Wohngebieten entstehen somit Wohngebiete in denen sich marginalisierte Bevölkerungsschichten konzentrieren (Kehrseite der Gentrification).

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    EU-Strukturpolitik: Irland – verlängerte Werkbank der globalen Hightech-Industrie

    Material:
    M1: Text/Foto: Wirtschaftsboom in Irland
    M2: Diagramm: jährliches Wachstum des BIP in Irland und der EU 1987-1998

    1. Nennen Sie Gründe für die rasante Entwicklung Irlands vom Agrarland zum Hightechstandort.

    2. Irland wird auch als „Silicon Island“ bezeichnet. Erklären Sie!

    3. Erklären Sie den Begriff „verlängerte Werkbank“ und diskutieren Sie Vor- und Nachteile die-ser Entwicklung für die Wirtschaft Irlands.

    Material:
    M1: Wirtschaftsboom in Irland

    Irland ist innerhalb von vier Jahrzehnten der Wandel vom Agrar- zum Hochtechnologiestandort gelungen. Mit Unterstützung durch EU-Strukturbeihilfen hat das Land in seiner Wirtschaftsförderung vor allem auf die Ansiedlung multinationaler Unternehmen, insbesondere des Hightech-Sektors gesetzt. Finanzielle und steuerliche Anreize für Unternehmen, niedrige Betriebskosten aufgrund vergleichsweise niedriger Löhne und ein gut ausgebildetes junges Arbeitskräftepotential mit Englisch als Muttersprache sind die wichtigsten Standortfaktoren, die von Managern angesiedelter Unternehmen benannt werden (vgl. Glebe, 2000: 44f.).  Computerfabrik des US-Konzerns Dell in Limerick/Irland.(Quelle: Glebe, 2000: S. 44)
    Vor allem seit Mitte der 90er Jahre erlebt die Wirtschaft Irlands einen wahren Wachstumsboom (vgl. M2).
    M2:  jährliches Wachstum des Bruttoinlands-
    produktes (BIP) in Irland und der EU 1987-1998 

    Quelle: Glebe, 2000: S. 43
    Etwa 90% aller neu geschaffenen industriellen Arbeitsplätze seit 1989 entstanden durch Ansiedlung neuer oder durch Expansion bestehender ausländischer Unternehmen vornehmlich des Hightech-Sektors. Der Elektroniksektor mit dem dominierenden Computerbereich beschäftigt knapp 25% aller Industriebeschäftigten und erwirtschaftete 1997 über ein Drittel (38,1 %) des Exportes. Den erstaunlichen Aufstieg Irlands zum „Silicon Island“ an der Peripherie Europas verdeutlicht die Tatsache, dass heute etwa 30 % aller in Europa verkauften PC's und 40% der in europäischen PC's befindlichen Software in Irland hergestellt werden. Mit einem Anteil von über 90% der Beschäftigten dominieren ausländische Unternehmen den Computersektor. Unter den in Irland ansässigen Unternehmen fehlt inzwischen keiner der Großen dieser Branche: Hewlett Packard, Microsoft, IBM/Lotus, SAP etc. (vgl. Glebe, 2000: 45ff.).
    Eine weitere Besonderheit der wirtschaftlichen Erneuerung durch die Industrialisierung von außen ist die Tatsache, dass es sich hierbei v. a. um Montagebetriebe handelt, in die einfache Fertigungsstufen der industriellen Produktion verlagert wurden. Es fehlen sowohl Forschungs-, Entwicklungs- und Marketingabteilungen als auch höhere Hierarchiestufen des Managements, so dass die Filialbetriebe ausführende, aber kaum Entscheidungsfunktionen besitzen. Irland wurde so im Rahmen der sich umstrukturierenden weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung zur „verlängerten Werkbank". Damit aber - und wegen der fehlenden Integration in die heimische Wirtschaft - besteht die große Gefahr von Betriebsschließung in Zeiten konjunktureller Probleme.
    In jüngerer Zeit lässt sich eine stärkeren Verzahnung zwischen irischen und ausländischen Betrieben z.B. bei der Softwareentwicklung erkennen. Zudem steigen die Investitionen der Unternehmen in den Forschungs- und Entwicklungsbereich. Ob dadurch allerdings eine grundlegende Veränderung der Wirtschaftsstruktur Irlands in Gang kommt, bleibt abzuwarten (vgl. Wood, 2000: 38).
    Quellen:
    Glebe, Günther (2000): Wirtschaftsboom und Hightech-Industrie in Irland. In: Geographische Rundschau, Jg. 52, H. 1, S. 42-49.
    Wood, Gerald (2000): Irland: Peripherisierung der europäischen Regionalpolitik. In: Geographische Rundschau, Jg. 52, H. 1, S. 35-41.

    Erwartungshorizont:
    1. Nennen Sie Gründe für die rasante Entwicklung Irlands vom Agrarland zum Hightechstandort.

  • finanzielle und steuerliche Anreize für Unternehmen (insbes. durch EU-Strukturbeihilfen)
  • geringes Lohnniveau, niedrige Betriebskosten
  • gut ausgebildetes junges Arbeitskräftepotential mit Englisch als Muttersprache
  • gezielte Anwerbung von multinationalen Hightech-Unternehmen (Einsatz von EU-Strukturhilfen)

  • 2. Irland wird auch als „Silicon Island“ bezeichnet. Erklären Sie!

  • Begriff ist zurückzuführen auf Silicon Valley
  • viele namhaften Hightechfirmen (aus dem Silicon Valley) haben Sitz in Irland
  • rasantes Wachstum wie im Silicon Valley

  • 3. Erklären Sie den Begriff „verlängerten Werkbank“ und erläutern Sie Vor- und Nachteile dieser Entwicklung für die Wirtschaft Irlands.

  • angesiedelte ausländische Unternehmen behalten ihre Konzernzentralen in den USA oder Europa
  • in Irland lediglich Fertigungshallen (teilw. fehlen sogar Forschungs- und Entwicklungsabteilungen)
  • positiv:
    negativ:
  • Wirtschaftsentwicklung in Irland in Gang gesetzt (BIP mit starken Wachstumsraten)
  • Hoffen auf „Durchsickereffekte“, d.h. ausländische Unternehmen vergeben Aufträge an irische Firmen in der Umgebung
  • insbesondere in Krisenzeiten besteht die Gefahr, dass Betriebe geschlossen werden
  • bei steigendem Lohnniveau könnten Betriebe in andere Billiglohnländer ausweichen
  • geringe Impulse für heimische Wirtschaft, da zu geringe Verzahnung
  • Abhängigkeit von multinational operierenden Konzernzentralen
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    Tschechiens Landwirtschaft vor dem EU-Beitritt

    Material:
    M1: Tabelle: Struktur der Landwirtschaft in Polen und Tschechien:
    M2: Text:  Der Wandel der Tschechischen Landwirtschaft dargestellt an zwei Fallbei-spielen

    1. Beschreiben sie die Struktur der Tschechischen Landwirtschaft im Vergleich zu Polen und der EU (M1).

    2. Beurteilen Sie die beiden Fallbeispiele bezüglich ihrer Zukunftsfähigkeit nach dem EU-Beitritt Tschechiens.

    3. Die EU-Osterweiterung setzt sowohl die Landwirtschaft Tschechiens als auch die EU-Agrarpolitik unter Reformdruck. Erläutern Sie diese Aussage an konkreten Reformbestre-bungen.

    Material:
    M 1: Struktur der Landwirtschaft in Polen und Tschechien:
    Land
    Bevölkerung
    Brutto

    inlandsprodukt pro Einw.

    (1997)

    Landwirtschaftliche Produktion
    Arbeitskräfte in der Landwirtschaft
    Anteil der Privatbetriebe in der Landwirtschaft
    insges. (in Mio.)
    Anteil der ländlichen Bevölker.
    Anteil am BIP
    pro Arbeitskraft 
    insges. in 1 000
    Anteil der Beschäftigten
    1980
    1995
    Tschechien
    10,3 
    23 %
    5 555 €
    3,3%
    3 214 €
    271
    5,6 %
    1 %
    84 %
    Polen
    38,6 
    38 %
    3 863 €
    6,3%
    1 270 €
    3 661
    25,6 %
    77 %
    82 %
    EU
    373,9 
    24 %
    18 983 €
    2,5%
    25 495 €
    8 190
    5,7 %
    k. A.
    k. A.

    Quelle: Schlimme, Helga (2000): Ländliches Polen. Mit Pferd und Traktor in die Europäische Union? In: Geographie heute 178, S. 9.
    ergänzt durch: Pütz, Robert (1999): Ostmitteleuropa auf dem Weg in die EU. In: Praxis Geographie. Jg. 29, H.9, S. 4-9.


    M2: Der Wandel der Tschechischen Landwirtschaft dargestellt an zwei Fallbeispielen
    Fallbeispiel 1:
    In der Nähe von Kutna Hora, etwa 65 Kilometer südöstlich von Prag, begann Herr Jaromir B. 1992 seine Laufbahn als selbständiger Bauer. Er hatte sich den Hof seines Vaters zurückgeben lassen, den der Staat Anfang der fünfziger Jahre enteignet hatte. Seine besonders ertragreichen Ackerflächen liegen am Südrand des Böhmischen Beckens.
    Der Neubauer begann mit seiner Frau den Hof zu bewirtschaften. Die Haupteinnahmequelle von Jaromir B. ist die Produktion von Schweine-  und Rindfleisch. Alle Tiere werden mit selbst angebautem Futter, Gras, Getreideschrot aufgezogen.
    Schwerpunkt der pflanzlichen Produktion ist der Anbau von Weizen.
    Der Anbau von Raps brachte seit 1995 einen ansehnlichen Gewinn. Da die Anbaufläche in Tschechien 1999 stark ausgeweitet wurde, ist sein Preis inzwischen jedoch deutlich gefallen. Drei bis vier Produkte bringen 95 % der Einnahmen (Fleisch, Raps etc.).
    Im Vergleich zu dem Staatsgut, das bis 1991 hier Landwirtschaft betrieb, wirtschaftet Jaromir B. effektiver. Was vordem 15 Arbeitskräfte erledigten, muss heute vom Bauer, seiner Frau, seinem Vater und zwei Hilfskräften bewältigt werden, die nur gelegentlich eingesetzt werden.
    Fallbeispiel 2:
    Südlich von Prag liegt ein bedeutendes Naherholungsgebiet für dessen Einwohner. Bis zu 40 % der Flächen sind bewaldet. Steil abfallende Lagen und Höhen bis zu 536 m ü. NN bieten für die Landwirtschaft eher ungünstige Voraussetzungen.
    Bis 1992 wurden die landwirtschaftlichen Nutzflächen zwischen Moldau und Sazava von einem Staats-gut für Schweinezucht bewirtschaftet. Inzwischen ist das frühere Staatsgut in eine Privatfirma umgewan-delt worden. Die verstaatlichten landwirtschaftlichen Flächen wurden an die ehemaligen Eigentümer zurückgegeben.
    Ein neuer Eigentümer verwirklichte eine originelle Idee: Er ließ die Burg Michael in der Gemeinde Ned-veci, eine halbverfallene Befestigungsanlage aus dem Jahre 1356, von Grund auf renovieren. Er richtete dort ein Hotel und ein Restaurant der Luxusklasse ein. Er betreibt Viehzucht auf ökologischer Grundlage und vermietet Reitpferde. Er nutzt die Chancen der Nähe zu Prag.
    Solche Entwicklungen haben in der Region zu einer Verringerung des Viehbestandes und zu mehr Wie-sen und Weiden geführt. Dadurch steigt der Naherholungswert des Gebietes.
    Quelle: Bicik, Ivan (2000): Transformation der Landwirtschaft Tschechiens. In: Geographie heute 178, S. 22-25
    Karte: räumliche Lage 
    der beiden Fallbeispiele 
    vgl. Geographie heute 178, S. 24

    Erwartungshorizont:
    1. Beschreiben sie die Struktur der Tschechischen Landwirtschaft im Vergleich zu Po-len und der EU (M1).

  • geringer Anteil der LW am BIP
  • Arbeitskräfteanteil vergleichbar mit EU-Wert, wesentlich niedriger als in Polen
  • geringe Produktivität der LW im Vergleich zur EU, besser allerdings als in Polen
  • rasante Privatisierung nach der Wende hat zu einem großen Anteil an Privatbetrieben geführt > Polen
  • Fazit: Insgesamt erscheint Tschechische LW besser gerüstet für den EU-Beitritt als die LW Polens. Problem ist die geringe Produktivität.

  • 2. Beurteilen Sie die beiden Fallbeispiele bezüglich ihrer Zukunftsfähigkeit nach dem EU-Beitritt Tschechiens.

  • Fallbeispiel 1:

  • alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse gehören zu den Überschussprodukten der EU
    Betriebseinkommen hängt von wenigen Produkten ab -> Anfällig für Krisen z. B. bei Fleischskandälen o.ä.
     
  • Fallbeispiel 2:

  • Haupterwerb in nichtlandwirtschaftlichem Bereich
    Tourismus/Naherholung ist zukunftsfähiger Wirtschaftsbereich insbes. bei steigendem Wohlstand durch EU-Beitritt
    ökologischer Anbau eröffnet neue Absatzwege und ist dank der Nähe zu Prag zukunftsfähig

    3. Die EU-Osterweiterung setzt sowohl die Landwirtschaft Tschechiens als auch die EU-Agrarpolitik unter Reformdruck. Erläutern Sie diese Aussage an konkreten Reform-bestrebungen.

  • Landwirtschaft Tschechiens

  • weiterer Reformdruck,
    Steigerung der Produktivität (Intensivierung, Privatisierung, Spezialisierung)
     
  • EU-Agrarpolitik

  • Agenda 2000 deutet Richtung an: Abschaffung der garantierten Erzeugerpreise und damit Eindämmung der Überproduktion, stattdessen direkte Beihilfen vom Staat.
    Insgesamt müssten Subventionen weiter gekürzt werden, um EU-Osterweiterung im Bereich des Agrarmarktes finanziell verkraftbar zu machen. Dies stößt jedoch auf Widerstand der Bauernverbände.
    Der Versuch die Subventionen in Zukunft weniger aus dem EU-Haushalt sondern stärker national zu finanzieren würde Kassen entlasten (scheiterte jedoch am Widerstand Frankreichs).

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    „Munichon Valley“ – Hightech Industrie in der Region München

    Material:
    Diercke Atlas S. 44 Karte 2 u. S. 45 Karte 1
    M1: Text: Tadellos im reichen Bayern

    1. München ist heute der bedeutendste Standort für die Hightech-Industrie in Deutschland. Nennen Sie die wichtigsten Standortfaktoren, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben (Atlas und M1).

    2. Erklären Sie die Formulierung „die Gnade der späten Industrialisierung“ (vgl. M1). Nehmen Sie dabei Bezug auf die im Unterricht behandelte Theorie der Kondratieff-Zyklen.

    3. „München wird das Ruhrgebiet des 21.Jahrhunderts“. Diskutieren Sie diese These!

    Material:

    M1: Tadellos im reichen Bayern.
    Edmund Stoiber ist der Gewinner einer verspäteten Industrialisierung.

    (...) Schröder gegen Stoiber, Deutschland gegen Bayern. Wenn die Wähler allein nach die-sem Schema entscheiden, hat der Kanzler schon verloren. Egal, ob Wachstum, Arbeitslosig-keit, geringe Verschuldung oder Exportquote - überall liegt Bayern auf dem ersten oder zwei-ten Platz im Bund.
    Noch vor 50 Jahren verdiente im Voralpenland jeder Dritte seinen Lebensunterhalt mühsam auf den Feldern. Bayern war unten in Deutschland, geografisch wie ökonomisch. Heute ist Bayern oben, und das liege vor allem an der CSU und an ihm, dem Ministerpräsidenten - das wird Edmund Stoiber den Deutschen im Wahlkampf entgegenrufen.
    Tatsächlich müsste er es so formulieren: Bayern ist oben, und das liegt zunächst einmal an den Russen. Aus Angst vor den Sowjets zog kurz nach dem Krieg der Siemens-Konzern aus Berlin nach München um und brachte moderne Elektrotechnik mit. „Siemens war der Stand-ortbildner“ sagt der Kölner Wirtschaftsgeograph Rolf Sternberg, der den bayrischen Auf-schwung erforscht hat.
    Den Bayern kam zugute, was Ökonomen „die Gnade der späten Industrialisierung“ nennen. Im Gegensatz zu Bayern „lebte das Ruhrgebiet noch Jahrzehnte im Rhythmus von Zechen und Stahlöfen,“ so Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburger Welt-Wirtschafts-Archivs.
    Quelle: Die Zeit, 17.01.02, S. 17

    Erwartungshorizont:
    1. München ist heute der bedeutendste Standort für die Hightech-Industrie in Deutschland. Nennen Sie die wichtigsten Standortfaktoren, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben.

  • harte Standortfaktoren:

  • gute Verkehrsinfrastruktur (internationaler Flughafen)
    “Fühlungsvorteile“ Nähe zu anderen Unternehmen der Hightech-Branche („Standortbildner“ Siemens)
    Universität, Forschungsinstitute
  • weiche Standortfaktoren, gewinnen an Bedeutung bei „footloose industries“

  • Nähe zu Naherholungsgebieten (Alpen, Seen, Adria)
    Freizeitmöglichkeiten (Golf, Segeln etc.)
    städtisches Kulturangebot: Biergärten etc.

    2. Erklären Sie die Formulierung „die Gnade der späten Industrialisierung“. Nehmen Sie dabei Bezug auf die im Unterricht behandelte Theorie der Kondratieff-Zyklen.

  • Bayern erlebte direkten Sprung von der Agrar- in die Dienstleistungsgesellschaft.
  • kein kostenintensiver Strukturwandel zu bewältigen wie z.B. im Ruhrgebiet
  • Bezug zu Kondratieff-Zyklen: Abklingen einer Konjunkturwelle ist für betroffene Gebiete mit Strukturproblemen und damit entstehenden Kosten verbunden.
  • München hatte das Glück, mit der Ansiedlung von Siemens auf in Gang kommende Konjunkturwelle aufgesprungen zu sein.

  • 3. „München wird das Ruhrgebiet des 21.Jahrhunderts“. Diskutieren Sie diese These!

  • teilweise monostrukturierter Wirtschaftsraum München erlebt momentanen Wirtschaftsboom
  • Falls Boom in der Hightech-Branche endet, problematische Entwicklung im Raum München vorstellbar
  • Dimension des Strukturwandels hängt vom Grad der Spezialisierung einer Region ab; in München siedeln sich derzeit allerdings unterschiedliche Bereiche an (Medien, PC/Software, Biotechnologie etc.), so dass Monostruktur erst gar nicht entsteht.
  • aktuelle Entwicklung im Silicon Valley zeigt, dass Krisenzeiten überwindbar sind, wenn kreatives Potential der Region erhalten bleibt -> Bedeutung von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen

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